Telefonpatenschaften
Seine Stimme zu Besuch schicken
Projekt Telefonpatenschaften läuft seit Mitte März
Seit Mitte März läuft bei uns in der Kirchengemeinde das Projekt „Telefonpatenschaften“. Insgesamt 14 ehrenamtliche Telefonpatinnen und –paten rufen einmal täglich ihren älteren Herrn oder Dame an und sprechen mit ihnen darüber, wie es ihnen in dieser Zeit geht, was sie bewegt und über Gott und die Welt. Die Ehrenamtlichen sind teilweise schon länger in unserer Kirchengemeinde engagiert, aber auch vier ganz neue Freiwillige sind dazugekommen, übrigens eine echte Bereicherung auch für die Zukunft.
Der Auftrag für die Ehrenamtlichen ist das tägliche etwa 15-minütige Telefongespräch. Wenn sie sich Sorgen um ihren älteren Menschen machen oder Probleme auftreten, bitte ich darum, dass sie zuerst mit mir Kontakt aufnehmen und wir gemeinsam schauen, wie dieses gelöst werden kann. Aus den Gesprächen mit den Ehrenamtlichen höre ich, dass sie sich dadurch sehr entlastet fühlen und mit Freude diese Gespräche führen können.
Begleitung der Ehrenamtlichen
Für mich als Diakonin bedeutet es, im engen Kontakt mit den Telefonpatinnen zu stehen und diese zu begleiten, ebenso natürlich mit den angerufenen älteren Menschen. Der Zeitaufwand in den ersten drei Wochen war sehr groß, bis die Telefonpatenschaften zustande kamen und auch erste Anlaufschwierigkeiten gemeistert wurden. Denn auch bei Telefongesprächen muss die „Chemie stimmen“. Für beide Seiten sollte es keine Last, sondern aufbauend und erfreulich sein. Zur Sicherheit für die Angerufenen gab es ein Codewort, welches nur die Telefonpaten, die älteren Damen und Herren und ich kennen. Dieses Codewort legten die Menschen, die angerufen werden, selbst fest auf meine Frage: „Welches Tier, Ort, Hobby, Land oder eine Erinnerung, löst bei Ihnen ein gutes Gefühl aus?“ So hat jeder sein ganz individuelles Codewort, welches gleichzeitig einen wunderbaren Gesprächseinstieg bietet.
Rückmeldungen
Die Rückmeldungen zu den Gesprächen sowohl von den angerufenen Seniorinnen und Senioren, als auch von den Ehrenamtlichen sind insgesamt positiv, und es scheint, als sei es für beide Seiten eine Win-Win-Situation, denn auch viele Ehrenamtliche in der Kirchengemeinde sind mit ihrem Engagement von 100 % auf 0 runtergefahren.
Wie die Telefonpatenschaften entstanden sind
Nun sollte man nicht glauben, dass die alten Menschen bei mir anrufen und über ihre Situation klagen, denn „Frau Hans, wir haben im Krieg ganz andere Sachen erlebt, so schlimm ist es ja noch nicht“. So habe ich zu Beginn der Corona Krise alle mir bekannten Seniorinnen und Senioren angerufen, die als Gäste regelmäßig an unseren Veranstaltungen teilnehmen und von denen ich überhaupt eine Telefonnummer hatte (etwa 60 Menschen). Ich habe sie gefragt, wie es Ihnen geht, wie sie zurechtkommen und auch ob sie sich über eine Telefonpatenschaft freuen würden. Manche waren begeistert und sagten sofort zu, andere wiederum hatten genügend Telefonanrufe von Familie, Freunden und Enkelkindern.
Menschen, die alleine leben und ohne familiäre Einbindung sind
Die, die jetzt mitmachen, leben alleine und ohne familiäre Einbindung. Ganz besonders freue ich mich über die Telefonpatenschaft mit einer Dame, die an Demenz erkrankt ist und alleine lebt. Sie zählt zu unseren regelmäßigen Besuchern und vermisst unsere Veranstaltungen in der Gemeinde sehr. Um diese Dame machte ich mir Gedanken. Da ich hier keinen für sie unbekannten Telefonpaten wählen konnte, schrieb ich sie zunächst auf meine eigene Anrufliste. Dann meldete sich eine Ehrenamtliche aus dem „Mittagessen in Gemeinschafts-Team“ und bot sich als Telefonpatin an. Nun ist sie als Telefonpatin „Die, die immer das Mittagsgebet spricht und Klavier spielt“ mit der an Demenz erkrankten Dame im Gespräch. Und von beiden höre ich, dass sie wunderbar miteinander klönen können und sich für einen gemeinsamen Gottesdienstbesuch (wenn es wieder möglich ist) verabreden werden.
Neue Projekte sind in Arbeit
Ich bin sehr dankbar für all diese gelungenen Telefonpatenschaften. Mir selbst ermöglicht es nun, Zeit zu haben für neue Projekte, z.B. das „Fensterln“ und den Gruß vom „Mittagessen in Gemeinschaft“ (eine Tüte mit einem Weckglas mit gekochter Spargelsuppe, einem selbstgebackenen Muffin und einem Begleitbrief), welche wir an 50 unserer Gäste Ende Mai ausliefern werden.
Kontakt: i.hans@kirche-sasel.de