Kurzgefasst: Altersdiskriminierung und Altersbilder in der Corona-Krise
Im Folgenden haben wir das „DZA-Fact Sheet: Altersdiskriminierung und Altersbilder in der Corona-Krise“ in 22 zentralen Punkten kurzgefasst.
Das Factsheet wurde ursprünglich von Svenja M. Spuling, Markus Wettstein und Clemens Tesch-Römer verfasst und ist am 07. April 2020 beim Deutschen Zentrum für Altersfragen erschienen.
Grundsätzliches
- Ältere werden während der Corona-Pandemie häufig als besonders verletzliche/gefährdete Gruppe dargestellt, die es zu schützen gilt.
- Die Schwere des Verlaufs und das Mortalitätsrisiko von COVID-19 steigt mit dem Alter an; allerdings hängt das mit dem allgemeinen Gesundheitszustand und relevanten Vorerkrankungen zusammen. Diese Risiken gelten jedoch für ältere und jüngere Menschen gleichermaßen.
- Ältere Menschen sind sehr unterschiedlich: es gibt jene mit mehreren Krankheiten (Multimorbität) und jene, die körperlich fit sind und nur geringe gesundheitliche Einschränkungen haben.
- Ein differenziertes Altersbild ist wichtig.
- Risikogruppen pauschal festzulegen ist problematisch, da sie (1.) Altersdiskriminierung befördern und (2.) negative Altersselbstbilder verfestigen können.
Altersdiskriminierung
- Ein pauschalisierter gesellschaftlicher Diskurs (Ältere sind schwach und müssen beschützt werden) erhöht das Risiko, dass Ältere diskriminiert werden, da man glaubt zu wissen, dass ihre Chancen geringer seien COVID-19 zu überleben.
- Dies könnte zu Entscheidungen führen, etwa im medizinischen Bereich, die allein aufgrund des Alters einer Person und nicht aufgrund detaillierter Informationen zu ihrem Gesundheitszustand gefällt werden.
- Ungerechtfertigte Benachteiligung und Altersdiskriminierung wären die Folgen.
Negative Altersselbstbilder
- Negative gesellschaftliche Altersstereotype werden zu Altersselbstbildern, wenn die Älteren diese gesellschaftlichen Bilder internalisieren (für sich selbst übernehmen).
- Selbsterfüllende Prophezeiung: Wer glaubt im Alter krank und einsam zu werden, unterliegt auch einem höheren Risiko für Erkrankungen und Einsamkeit im Alter.
- Negative Altersbilder führen zu: ungünstigem Gesundheitsverhalten wie geringerer Aktivität, schlechterer Gesundheit, geringerem Wohlbefinden, einem erhöhten Mortalitätsrisiko. Damit können negative Altersbilder die Langlebigkeit beeinflussen – sind also potenziell lebensverkürzend.
Datengrundlage
- Die Daten-Grundlage ist der Deutsche Alterssurvey, der über mehrere Jahre Personen ab 40 Jahren (= 2. Lebenshälfte) zu verschiedenen Themen befragt. Zu den abgefragten Bereichen gehören u.a. Erwerbstätigkeit und Leben im Ruhestand, gesellschaftliche Teilhabe und Ehrenamt, Einkommen und Vermögen, soziale Integration und Einsamkeit, Gesundheit und Lebenszufriedenheit.
Ergebnisse Altersdiskriminierung
- Im Jahr 2017 haben 8,5% der befragten Personen zwischen 45 und 84 Jahren subjektive Erfahrungen mit Altersdiskriminierung gemacht (z.B. in den Bereichen Arbeit und Arbeitssuche, Behördengänge, medizinische Versorgung, im Alltag generell oder bei Geldangelegenheiten).
- Evt. nehmen viele Ältere Diskriminierung aufgrund ihres Alters nicht wahr.
- Die wahrgenommene Altersdiskriminierung im Bereich der medizinischen Versorgung steigt über die Altersgruppen hinweg an. Zudem berichten Personen mit niedriger Bildung eher von Altersdiskriminierung als Personen mit hoher Bildung.
- Höheres Alter und niedrige Bildung sind demnach im medizinischen Versorgungsbereich Risikofaktoren für Diskriminierungserfahrungen.
- COVID-19 könnte dazu führen, dass aufgrund pauschalisierter gesellschaftlicher Aussagen, Ältere zukünftig vermehrt diskriminiert werden, insbesondere im Bereich der medizinischen (Not-)Versorgung.
Ergebnisse Altersselbstbilder
- Es gibt die gewinnorientierte Sicht auf das Alter (persönliche Weiterentwicklung, neue Dinge lernen und Fähigkeiten erweitern) und die verlustorientierte Sicht (körperliche Verluste, weniger fit und vital).
- Die gewinnorientierte Sicht nimmt über die die Altersgruppen hinweg ab und die verlustorientierte zu.
- Personen mit höherer Bildung verbinden mit dem Älterwerden eher die gewinnorientierte und weniger die verlustorientierte Sicht als Personen mit niedriger Bildung.
- Es gibt die Sorge, ob die zum Teil pauschalisierende Risikokommunikation zukünftig ein negatives, verlustorientierte Altersbild, insbesondere auch bei Älteren selbst, verstärken wird.
Was zu tun ist
- Ein differenziertes Bild des Alters zeichnen: Es sollte nicht pauschalisierend – dies gilt auch für die Risikokommunikation – über Ältere gesprochen werden, da eine Verstärkung negativer Altersbilder nachteilige Auswirkungen aus Verhalten, Erleben. Lebensqualität und die Gesundheit Älterer hat.